Nix Deitsch oder: Textqualität einer Online-Wählermobilisierungskampagne

Die groteske Diskussion um ein Video der Schauspielerin Christiane Hörbiger führte mich gestern erstmals auf die Website „Wir für Kurz“.

Wir leben in schnelllebigen Zeiten. Da kann ein „Typo“, wie es so schön heißt, schon einmal passieren. Aber wie verträgt sich eine Website, die sogar das Deutschniveau eines durchschnittlichen 14-jährigen Gymnasiasten systematisch unterbietet, mit dem Wertekanon jener Partei, die hier als Herausgeber im Impressum steht? Wie passt es zu (korrekten) konservativen Bildungsidealen wie der Forcierung der drei grundlegenden Kulturtechniken Schreiben, Lesen und Rechnen, wenn hier Deutsch mit den Füßen getreten wird? – Einige Beispiele:

Richtig ist freilich: „zu diesem Zweck verarbeiten“ oder „zu diesem Zweck verarbeitet werden“

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Hier sind gleich mehrere Fehler: „Sozialen“ schreibt man klein, richtig sind lange Gedankenstriche statt der kurzen Bindestriche, und es fehlt (mindestens) ein Komma oder ein Punkt.

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Auch hier fehlte auf der Tastatur des Texters offenbar der lange Gedankenstrich. Wieder fehlt (mindestens) ein Komma oder ein Punkt. Und natürlich heißt es „neue Unterstützer sammeln“ und nicht „neuen Unterstützern sammeln“. Und ich glaube auch, alle drei Verben müssen groß geschrieben werden.

So oder so: Hier war ein Texter am Werk, der genau jenes Niveau hat, über das sich heute viele Menschen ärgern, denen Sprachqualität ein Herzensanliegen ist. Und auch der Konzeptionist dürfte nicht mit sehr viel Grips gesegnet worden sein: Das sieht man, wenn man sich durch das stupide Gesamtkonzept durchklickt. Ich kann nicht einmal aktiv ein Testimonial abgeben. Meine Meinung interessiert die Betreiber also schlichtweg nicht! Stattdessen werde ich z.B. gefragt, ob ich bei Hausbesuchen mitgehen will und dafür ein KfZ besitze. Wenn das gelebte Basisdemokratie in Zeiten der Web-Viralität und der sozialen Netwerke ist, dann können wir getrost darauf verzichten. Es ist in Wahrheit nur Top-Down-Kommunikation.

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